Finnland - das unbekannte Land
Es heißt, Finnen seien hart im
Nehmen. Zumindest in einer Hinsicht trifft das ohne Einschränkung zu: Mit stoischer Gelassenheit
hören sie sich selbst die haarsträubendsten Vorstellungen über ihre Heimat an.
Besucher aus Übersee sollen schon damit gerechnet haben, in der Nähe Helsinkis auf
Eisbären zu treffen. In Wahrheit muß man von der Hauptstadt aus Hunderte von Kilometern
nach Norden fahren, um wenigstens einen Elch oder Rentiere zu Gesicht zu bekommen. Auch Braunbären
verirren sich äußerst selten in die südlichen Ballungsgebiete - höchstens
einmal im Jahr meldet die Presse eine solche Beobachtung.
Wer das Land noch nie besucht hat, weiß in der Regel kaum etwas darüber. Auch nach
dem Beitritt zur Europäischen Union bleibt Finnland das unbekannte Land im hohen Norden.
Manch einer kennt vielleicht die Namen einiger finnischen Sportler. Aber was ist mit den anderen
finnischen Persönlichkeiten ? Und wer kann schon Genaueres über die Geographie des
Landes sagen oder über seine Städte ? Man weiß lediglich um die Hauptstadt
Helsinki und ihre Bedeutung als weltpolitischer Konferenzort.
Den Finnen ist all das bewußt. Sie setzen bei ihren Gästen gar nicht unbedingt Detailwissen
über ihr Land voraus. Aber sie freuen sich über Interesse. Und mit ein paar Kenntnissen
können sich Besucher rasch Sympathien erwerben.
Vielleicht ist das mit der weitgehenden Unkenntnis auch kein Wunder bei einem Land, dessen
Sprache für Außenstehende ein schier unüberwindbares Hindernis bildet, weil
ihnen so gut wie nichts daran bekannt vorkommt. Manche Lautfolgen wirken so ungewöhnlich,
dass sie für Mitteleuropäer geradezu amüsant klingen, auch wenn sie nichts weiter
bedeuten als "Eistüte": jäätelötötterö.
Vielleicht wird es Ihnen bei Ihrem ersten Finnlandbesuch so ergehen wie vielen Besuchern zuvor:
Sie erreichen Helsinki an einem strahlenden Sommertag, lassen sich einfangen von dem bunten
Treiben auf dem Markt gleich am Hafen, finden gefallen an einem prächtigen Fisch, trauen
sich aber nicht, näher an den Verkäufer heranzutreten, weil er in so eigenartigem
Idiom seine Ware anpreist. Der ungewohnte, nie gehörte Klang dieser Sprache sorgt dafür,
dass man sich fremder fühlt als in vielen anderen europäischen Ländern. Deutlich
ist zu spüren: Hier liegt Exotik in der Luft.
Die finnische Neugier, stets wissen zu wollen, was andere von ihnen halten, ist sprichwörtlich.
Die Finnen selbst witzeln sogar über diese charakteristische Neigung, sehen aber nicht
ein, warum sie daran etwas ändern sollten. Im Gegenteil, sie lassen wissenschaftlich untersuchen,
was man im Ausland von ihnen denkt. Die Resultate sind eindeutig (und werden von der finnischen
Tourismuswerbung eifrig genutzt).
Trotz weitgehender Unkenntnis ist vor allem in Deutschland eine erstaunliche positive Voreingenommenheit,
ja sogar Bewunderung weit verbreitet.
Die meisten positiven Vorstellungen knüpfen sich an Landschaft und Natur. Finnland, so
lautet das gängige Bild, ist das Land der Seen und Wälder, der unberührten Natur,
der Stille und der Mitternachtssonne. Es gilt als das Land der Sauna und einer zähen,
abgehärteten Bevölkerung.
Skeptiker hingegen vermuten im hohen Norden unzählige Mücken und sind überzeugt,
dort keinen warmen Sommer, sondern nur zwei Winter erleben zu können: einen weißen
und einen grünen. Sie halten Finnland für ein kaltes und weitgehend finsteres Land,
in dem alkoholische Getränke unerschwinglich, die Einheimischen aber dennoch oft betrunken
und überdies sehr schweigsam sind. All diese Vorstellungen treffen einen Teil der Wahrheit.
Es gibt sehr wohl einen warmen Sommer in Finnland, er erstreckt sich von Ende Juni bis Ende
August. In dieser Zeit sind auch die Mücken anzutreffen. Wobei man sagen muss, dass es
in Lappland erheblich mehr Mücken gibt, als in Mittel- und Südfinnland. Dort sind
es aber nicht mehr wie in den südeuropäischen Urlaubsländern auch. Und was die
Preise für Alkohol anbetrifft, so ist er keineswegs unerschwinglich. Zwar etwas teurer
wie in Mitteleuropa, der Preis für einen halben Liter Bier beträgt in einer Bar ca.
3-4 Euro
Eins ist trotzdem sicher: Finnland ist vielfältiger als man denkt, es lohnt unbedingt,
sich ein Bild aus eigener Anschauung zu machen.
Eine sanft geschwungene Waldsilhouette, Kiefernduft, eine glitzernde Seefläche und über
all dem ein blau-weißer finnischer Himmel - das ist Balsam für die Seele.
Was das Wetter anbelangt, steht soviel nicht zu befürchten: Es gibt einen echten warmen
Sommer, und dank der Mitternachtssonne erlebt man ihn noch intensiver als anderswo. Die Einheimischen
genießen ihn in vollen Zügen. Trotz des langen Winters ist Finnland nicht finster.
Zu allen Jahreszeiten begegnet man erstaunlichen Lichtverhältnissen, sei es die Widerspiegelung
der Sonne auf dem Wasser, der bläuliche Schein an Wintertagen, oder das gleißende
Licht über dem zugefrorenen Meer.
Die Finnen
Finnen haben ein besonderes Verhältnis
zum gesprochenen Wort und eine eigene Vorstellung von Höflichkeit. Von der sprichwörtlichen
Zurückhaltung ist in den hellen Sommernächten aber oft nichts mehr zu bemerken.
Finnen nehmen die Wörter ernst, daher stoßen allzu redselige Zeitgenossen auf Skepsis,
und wer anderen ins Wort fällt, macht sich nicht beliebt. Dafür haben Klarheit und
Ehrlichkeit einen hohen Stellenwert. Was Ihr finnischer Gesprächspartner sagt, meint er
auch, und was er verspricht, wird er halten. Kommt es im Gespräch zu längeren Pausen,
gibt es keinen Grund, nervös zu werden, denn Schweigen gilt als ganz normaler Bestandteil
der Kommunikation. Die finnische Form der Höflichkeit verlangt, sich nicht aufzudrängen
oder einzumischen. Dadurch ist es nicht immer leicht, Bekanntschaften zu schließen, und
manche Besucher legen gerade die Zurückhaltung als Unhöflichkeit aus. Hat man es
aber einmal geschafft, Freundschaften zu schließen, sind diese umso herzlicher.
Da die Finnen stets auf ein konfliktfreies Miteinander bedacht sind, verzichten sie zu Gunsten
einer angenehmen Gesprächsatmosphäre gerne auf hitzige Diskussionen. Auch sonst mögen
sie Regelungen, die eine gerechte Ordnung gewährleisten. So gibt es überall, wo es
zu Schlangen kommen kann, ein Nummernsystem. In der Post, am Fahrkartenschalter und selbst
an der Wursttheke im Supermarkt gilt: eine Nummer ziehen und geduldig warten, bis die passende
Zahl aufleuchtet. Das vermeidet unangenehmes Gedränge und entspricht überdies dem
Gleichheitsgebot, das in Finnland über allem anderen steht.
Kaum etwas ist so verpönt wie aristokratisches oder gar hochnäsiges Gebaren, und
soziale Unterschiede werden nicht überbewertet. Nach wie vor redet man sich in der Regel
mit dem Vornamen an und benutzt das "Du", auch wenn das Siezen bei offiziellen Anlässen
in den letzten Jahren eine gewisse Renaissance erlebt.
Was bei der Ankunft in Finnland sogleich auffällt, ist der rege Gebrauch von Mobiltelefonen.
Nirgendwo in Europa gibt es im Verhältnis zur Einwohnerzahl so viele Handys, selbst Kinder
besitzen welche. Das passt nicht so recht zum ansonsten sparsamen Umgang mit Worten und läßt
sich wohl nur mit einem ausgeprägten Faible für technische Neuerungen erklären:
Man ruht nicht eher, bis man eine Erfindung in den alltäglichen Gebrauch genommen hat.
Wenn die meisten finnischen Haushalte mit allen technischen Raffinessen ausgestattet sind,
hat das allerdings auch andere Gründe. In dem Land mit dem weltweit ersten vollen Wahlrecht
für Frauen ist die Gleichberechtigung weit fortgeschritten, weshalb es für die meisten
Frauen selbstverständlich ist, einen Beruf auszuüben.
Damit beide Elternteile arbeiten können, muß man sich nicht nur auf Kinderkrippen
und Ganztagsschulen verlassen können, sondern auch eine rationelle Haushaltsführung
praktizieren. Und dafür nutzen finnische Familien gerne, was es an einschlägigen
technischen Hilfsmitteln gibt. Völlig normal im täglichen Leben sind auch Kreditkarten.
Selbst sein Bier kann man damit bezahlen. Man gibt den Mindestbetrag oder mehr an und bekommt
die Differenz zum tatsächlichen Preis in bar zurück
Die Texte wurden mit freundlicher Genehmigung der Website von Finnbungalows entnommen.